Marx zeigt, dass im kapitalistischen System ein Widerspruch zwischen Gebrauchswert und Tauschwert besteht. Dieser Widerspruch manifestiert sich darin, dass die Produktion in erster Linie auf den Tauschwert und nicht auf den Gebrauchswert ausgerichtet ist. Das heißt, Waren werden produziert, um verkauft zu werden (Tauschwert), nicht unbedingt um die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen (Gebrauchswert).
Dieser Fokus auf den Tauschwert führt zu Phänomenen wie Überproduktion und Marktkrisen, da die Produktion sich nicht an den tatsächlichen Bedürfnissen, sondern an der Profitmaximierung orientiert.
Zusammengefasst betont Marx, dass der Gebrauchswert die materielle Grundlage von Waren ist, während der Tauschwert ihren Wert auf dem Markt bestimmt, und dass der Kapitalismus durch die Priorisierung des Tauschwerts systematische Probleme erzeugt.
Warum war zur Zeit von Marx der Tauschwert notwendig?
Die Notwendigkeit des Tausches von Waren ist so lange nötig, bis die Möglichkeit besteht, quasi „aus dem Vollen zu schöpfen“, wie es heute der Fall ist. Zur Zeit von Marx war das undenkbar, das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt lag damals bei etwa 1.200 USD (in heutigen Preisen), heute liegt es bei etwa 13.000 USD. Zur Zeit von Marx war Kinderarbeit, ein 14-Stunden-Tag und eine sechs-Tage-Arbeitswoche an der Tagesordnung. Das heutige Leben im globalen Norden hätte sich Marx nie vorstellen können.
Das war der Grund, warum Marx sozusagen als Notlösung eine revolutionäre Umwälzung propagiert hat. Die Produktionsmittel sollten verstaatlicht werden und die Verteilung der Waren sollte mit Hilfe der Planwirtschaft erfolgen. Allerdings wurde damit nicht das eigentliche Problem gelöst, nämlich der Widerspruch zwischen Tausch- und Gebrauchswert. Nur sollte der Tauschwert mit Hilfe des Staates so festgelegt werden, dass eine möglichst gerechte Verteilung möglich ist.
Wir wissen seit mindestens 30 Jahren, dass diese Option nicht zum Erfolg geführt hat, auch deswegen, weil der Tauschwert als Wertmaßstab für die Waren beibehalten wurde.
Die heutige Möglichkeit der Abschaffung des Tauschwertes
Die Menschheit produziert seit etwa 50 Jahren im Überfluss, sodass ständig neue Bedürfnisse kreiert werden müssen, um noch mehr Waren verkaufen zu können. Somit sind inzwischen die Bedingungen gewährleistet, um vollkommen ohne Tauschlogik auskommen zu können. Da der Tauschwert, wie wir bereits festgestellt haben, die Ursache der heutigen globalen Probleme ist, müssen wir ihn jetzt sogar schnellstmöglich eliminieren.
Der Tauschwert steckt nicht vom Ursprung an in der Ware sondern die Ware bekommt den Tauschwert erst durch die hineingesteckte bezahlte Arbeit. Wenn die Arbeit unbezahlt geleistet werden würde, dann bekäme die Ware auch keinen Tauschwert, denn die Rohstoffe und die Energie besitzen keinen Wert, weil sie uns kostenlos von der Erde bereitgestellt werden.
Rein theoretisch könnte der Tauschwert direkt eliminiert werden, indem weltweit alle Menschen von einem bestimmten Zeitpunkt an freiwillig arbeiten würden. Dies wäre nichts Außergewöhnliches, denn der Freiwilligenanteil an der gesamten von den Menschen geleisteten Arbeit beträgt heute bereits 40 Prozent.
Dazu ist es nicht erforderlich, bestimmte Bedingungen zu schaffen denn die weltweite Produktion ist so organisiert, dass es keine Rolle spielt, ob die Waren mit freiwilliger oder mit bezahlter Arbeit hergestellt werden.
Da zum Zeitpunkt der Umstellung auf freiwillige Arbeit der Anteil des Tauschwertes unmittelbar verschwindet, würden alle Waren kostenlos erhältlich sein. Dies ist natürlich auch die Voraussetzung dafür, dass es überhaupt möglich ist, freiwillig zu arbeiten, weil dann kein Lohn mehr erforderlich ist, um die Produkte zu bekommen.
Vorteile des Wegfalls des Tauschwertes
Alle Menschen wären bedingungslos mit allem Lebensnotwendigen versorgt, das wäre somit auch das Ende der Arbeitslosigkeit.
Jeder Mensch kann dann vollkommen frei entscheiden, was er wirklich benötigt, um glücklich und zufrieden leben zu können.
Durch die freiwillige Arbeit wäre jeder Mensch dazu in der Lage, eine Arbeit auszuführen, die seinen Talenten und Neigungen entspricht. Somit wäre die von Marx kritisierte Entfremdung von der Arbeit aufgehoben.
Es gibt keine Knappheit mehr, denn Knappheit ist einzig und allein ein Merkmal des Tauschwertes. Dieser Tauschwert von Waren kann künstlich gesteigert werden, wenn diese Waren vom Markt zurückgehalten werden.
Für die Weltwirtschaft bedeutet das, dass das Finanzsystem die Wirtschaft nicht mehr über die Notwendigkeit, Kredite zu bedienen zu Wachstum zwingen kann. Die Wirtschaft könnte deshalb nach Belieben schrumpfen und sofort mit der Überproduktion unnötiger Waren aufhören.
Das würde bedeuten, dass viel weniger Treibhausgase und Abfall erzeugt werden. Somit könnten die langfristigen Klimaziele sofort erreicht werden. Weiterhin würden viel weniger Ressourcen verbraucht werden und der Neokolonialismus würde kurzfristig verschwinden.
Das Schrumpfen der Wirtschaft hätte keine Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit, weil alle Menschen durch die kostenlose Verfügbarkeit der Produkte automatisch versorgt sind.
Weiterführende Literatur (kostenloser Download)
Berlin, 08.08.2024
Eberhard Licht
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