Viele Menschen, die sich aktiv mit der Überwindung des Kapitalismus beschäftigen, streben eine Vergesellschaftung des Eigentums an. Aber wir müssen daran denken, dass es sich auch bei gesellschaftlichem Eigentum um Eigentum handelt.
Im real existierenden Sozialismus waren alle Produktionsmittel und Rohstoffe vergesellschaftet. Der Autor dieses Programmentwurfes hat 35 Jahre im real existierenden Sozialismus gelebt und kennt das Volkseigentum recht gut. Damals war die Hemmschwelle, sich einen Schreibblock aus dem Büro mit nach Hause mitzunehmen, ihn also zu Privateigentum zu machen, nicht besonders hoch, da er einem ja gewissermaßen schon teilweise gehörte. Und das gab es auch im großen Stile. Nach 1989 konnten alle miterleben, wie ihr Volkseigentum ganz unspektakulär wieder in Privateigentum umgewandelt wurde.
Diese Privatisierung wäre viel schwieriger, wenn es überhaupt kein Eigentum gäbe, wie es vor Beginn der „Zivilisation“, bis vor etwa 10.000 Jahren der Fall war. Der Grund ist, dass in einem solchen System die formale rechtliche Infrastruktur fehlt, um Eigentum klar zu definieren und privat zu übertragen. Wenn Land nicht als Eigentum verstanden wird, ist es schwerer, es legal zu verkaufen oder auf Einzelpersonen zu übertragen, weil es keine festen Ansprüche darauf gibt, die als Grundlage für Privatisierung dienen könnten.
Wenn wir an Eigentum denken, dann stellen wir uns eingezäunten Grund oder eine Fabrik in Privatbesitz vor. Aber wir können „Eigentum“ auch unter einem ganz anderen Blickwinkel betrachten. Eigentum müssen wir nicht zwingend als Subjekt sehen, denn es ist vor allem auch Objekt.
Eigentum ist ein Werkzeug zur Erzeugung von Profit.
Auch eine selbstgenutzte Eigentumswohnung erzeugt Profit, indem du die nicht gezahlte Miete für etwas anderes ausgeben kannst. Sogar eingezäuntes Land, welches überhaupt nicht bewirtschaftet wird erzeugt Profit, indem es die restliche Fläche knapper werden lässt wodurch der Grundstückspreis steigt.
Eigentum entstand nicht, damit jemand sagen konnte: „Das ist mein Besitz“. Der Hauptgrund für die Entstehung von Eigentum war, andere Menschen auf den eingezäunten Feldern arbeiten zu lassen, um Profit zu erwirtschaften. Davor gab es überhaupt kein Eigentum. Das Land gehörte nicht allen sondern niemandem.
Jetzt ist natürlich die große Frage, wie wir wieder genau dahin kommen könnten. Wenn es überhaupt keinen Profit gäbe, so wie es in diesem Programmentwurf beschrieben wird, dann wäre das Werkzeug Eigentum nutzlos wie ein abgebrochenes Messer. Du lässt den Griff noch eine Weile in der Ecke liegen und wirfst ihn dann in die gelbe Tonne.
Der Eigentümer verliert also das Interesse an seinem Eigentum und mehr noch, er wird daran interessiert sein, das Eigentum abzustoßen, weil er die Verantwortung dafür noch immer trägt, auch wenn er keinen Profit mehr erzielen kann.
Da es kein Geld mehr gibt, kann er sein Eigentum nicht verkaufen und deshalb wird er es freigeben. Diese Freigabe führt dazu, dass es dann nicht allen gehört, sondern es gehört niemandem. Dies ist der große Unterschied zur Vergesellschaftung.
Wenn es keinen Profit mehr gibt, also nach der hier beschriebenen Überwindung von Finanzsystem und Geld, dann wird Eigentum von ganz alleine wieder zu Allmende, so wie es in 95 Prozent der Menschheitsgeschichte der Fall war.
Genau dann sind auch Rohstofflagerstätten wie Eisenerzgruben, Ölbohrungen oder Trinkwasserbrunnen Allmende. Damit ist gewährleistet, dass alle Rohstoffe kostenlos verfügbar sind.
Deshalb ist die Entkopplung des Finanzsystems von der Wirtschaft und die daraus folgende Auflösung des Finanzsystems und des Geldes die einzige Möglichkeit, um das Eigentum vollkommen abzuschaffen.