These 1: Bruttonationalglück ist möglich
Das Konzept des Bruttonationalglücks (Gross National Happiness, GNH) geht auf Bhutan zurück und misst das Wohlergehen einer Gesellschaft nicht primär an materiellen Gütern, sondern an immateriellen Faktoren wie seelischer Gesundheit, Gemeinschaftssinn, Umweltqualität, Bildung, kultureller Identität und guter Regierungsführung. Es stellt damit den Menschen als Ebenbild Gottes und seine Beziehung zu Mitmensch und Schöpfung ins Zentrum – nicht das Geld oder den Konsum.Read More
Das Bruttonationalglück fügt sich nahtlos in das biblische Verständnis von gelingendem Leben ein. In der Bibel ist Glück nicht gleichzusetzen mit Reichtum, sondern entsteht durch:
- Gerechtigkeit und Frieden (Jesaja 32,17: „Und das Werk der Gerechtigkeit wird Friede sein.“)
- Mitmenschlichkeit und Teilen (Apostelgeschichte 4,32–35: „Es war keiner unter ihnen, der Mangel hatte.“)
- Bewahrung der Schöpfung (Genesis 2,15: „Und Gott setzte den Menschen in den Garten, dass er ihn bebaue und bewahre.“)
- Genügsamkeit und Vertrauen auf Gott (Matthäus 6, 25–33: „Sorgt euch nicht um euer Leben.“)
Die Voraussetzungen für einen Wechsel vom Bruttoinlandsprodukt zum Bruttonationalglück sind längst vorhanden. Unsere Technologien sind hochentwickelt, unser Wissen enorm – und wir leben im materiellen Überfluss.
Es scheint zwar überall Knappheit zu herrschen, aber viele Produkte werden heute bereits weit vor Ende ihrer Lebensdauer aussortiert, um etwas Neues zu kaufen, nur um weiteres Wirtschaftswachstum zu erzeugen. Wenn wir sie nicht freiwillig wegwerfen, wird mit geplanter Obsoleszenz dafür gesorgt, dass der Drucker oder die Kaffeemaschine gleich nach der Garantie kaputt gehen.
Wenn wir Produkte einfach so lange nutzen würden, wie sie halten,
müsste nur etwa halb so viel produziert werden. Eine 20-Stunden-Woche wäre dann durchaus möglich.
Doch statt weniger zu arbeiten, streben wir nach Vollarbeit.
Die Folgen sind sichtbar: Überlastete Ökosysteme, wachsende Ungleichheit, anhaltender Neokolonialismus – und eine Welt, in der die Gefahr von Konflikten täglich wächst.
Warum ist es anders gekommen als erhofft? Welche Kraft hält uns in einem System gefangen, das niemand bewusst gewählt hat?
These 2: Der Mammon bedroht den Fortbestand der Menschheit
Die größten globalen Probleme – steigende Ungleichheit, Umweltzerstörung, Neokolonialismus und Kriege – sind kein Zufall. Sie entspringen einem zentralen Dogma unseres Wirtschaftssystems: dem Zwang zum unaufhörlichen Wachstum.
Dieses Wachstum wird am Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessen – einer Kennziffer, die alle wirtschaftlichen Aktivitäten addiert, unabhängig davon, ob sie dem Gemeinwohl nützen oder schaden. Das BIP unterscheidet nicht zwischen sinnvoller Wertschöpfung und destruktivem Verbrauch:Read More
- Ein Ölteppich, der aufwendig beseitigt werden muss, erhöht das BIP.
- Ein Autounfall, der Reparaturkosten und medizinische Versorgung auslöst, erhöht das BIP.
- Waffenproduktion, die Tod und Leid zur Folge hat, erhöht das BIP.
Gleichzeitig bleibt das, was für das Leben wirklich zählt, unsichtbar in der Statistik:
- Die liebevolle Erziehung von Kindern
- Die Pflege kranker Angehöriger
- Die stille Fürsorge in der Nachbarschaft oder ehrenamtliche Tätigkeit
Diese Arbeiten tragen nicht nur zur Stabilität der Gesellschaft bei – sie entsprechen auch dem Geist der Botschaft Jesu, wie er in Mt 25,40 deutlich wird:
„Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Ein System, das Zerstörung als Wachstum feiert und Nächstenliebe ignoriert, ist strukturell fehlgeleitet. Es belohnt kurzfristigen Konsum statt langfristige Fürsorge und degradiert soziale wie ökologische Verantwortung zur Nebensache.
Seit mehreren Jahrzehnten warnen namhafte Wissenschaftler vor den irreversiblen Auswirkungen, denn die Ressourcen der Erde und die Aufnahmekapazität für Abfallprodukte sind begrenzt.
Aber nicht die Wirtschaft an sich ist die Ursache, sondern die Herrschaft eines Mammons, eines Finanzsystems, das die Profite aus der Wirtschaft extrahiert. Diese Symbiose aus Finanzsystem und Wirtschaft führt dazu, dass nicht das Wohl der Menschen und der Schutz der Erde im Mittelpunkt stehen, sondern der Kapitaldienst.
Damit aber wird gegen den Auftrag verstoßen, die Erde zu „bebauen und zu bewahren“ (Gen 2,15) und das wirtschaftliche Handeln in den Dienst des Lebens zu stellen.
Gerade beginnt eine unvorstellbare Rüstungswelle, die zunächst für weiteres Wirtschaftswachstum sorgt. Diese Waffen werden später eingesetzt werden müssen, um mit dem Wiederaufbau der Zerstörungen erneut Wachstum zu erzeugen, wie es beim Wirtschaftswunder nach dem 2. Weltkrieg der Fall war.
In solcher Logik verlieren Frieden und Gerechtigkeit ihren Stellenwert – dabei sind sie doch nach biblischem Zeugnis die Grundlage für ein erfülltes Leben (vgl. Jes 32,17).
Wenn es gelingt, die Wirtschaft von der Herrschaft des Finanzsystems, dieses Mammons, zu befreien, dann kann der destruktive Wachstumszwang beendet werden. Dann ist die Wirtschaft frei und kann sich an den wirklichen Bedürfnissen der Menschen orientieren – an Glück, Zufriedenheit und am Gemeinwohl. Eine solche Umkehr wäre ein geistlicher Akt: eine Rückbesinnung auf das, was dem Leben dient – und eine Absage an die vergötzte Logik des „Immer mehr“.
These 3: Der Kapitalismus zerstört unsere Moral
Verurteilte Kriminelle werden demokratisch zu Präsidenten, rechte Parteien demokratisch in Regierungen gewählt. Waffenlieferungen an verbrecherische Regimes gelten als wirtschaftlich sinnvoll. Auch Umweltzerstörung und Ausbeutung erscheinen legitim, solange sie dem Wirtschaftswachstum dienen.
Damit aber wird der Maßstab des Evangeliums pervertiert: „Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen“ (Jes 5,20). Die Logik des Profits stellt das Gewissen auf den Kopf.Read More
Wir hören zwar täglich von den Auswirkungen des fortdauernden Wachstums, doch wir nehmen sie nicht mehr als Gefahr wahr. Dafür sorgen auch die Medien, die die wirklichen Ursachen geschickt verschleiern – wie falsche Propheten, die „Frieden, Frieden“ rufen, wo kein Friede ist (Jer 6,14).
Demokratie und Ethik werden entkernt – der Mensch gewöhnt sich an das Unrecht, um im System zu überleben. Das gefährdet nicht nur die Moral, sondern auch das Leben selbst. Die biblische Warnung vor einem „verstockten Herzen“ (Hebr 3,12) scheint aktueller denn je.
Es fällt uns immer schwerer, gut und böse zu unterscheiden, wir sind bereits willfährige Diener dieses außer Kontrolle geratenen Systems. Ein deutliches Zeichen dafür ist, dass die Demokratie heute für falsche Ziele missbraucht wird – sie wird funktional, aber nicht mehr von Geist und Gewissen getragen.
Doch wir sind als Ebenbild Gottes zu mehr berufen: zur Freiheit, zur Verantwortung, zur Gerechtigkeit. Wir dürfen deshalb keine Zeit mehr verlieren. Die Umkehr beginnt mit dem Blick auf das, was wirklich heilig ist – das Leben, das Mitgefühl, die Schöpfung.
These 4: Nur die vom Geld befreite Arbeit ermöglicht die Entfaltung der gottgegebenen Talente
Solange der Mensch gezwungen ist, seine Arbeitskraft zu verkaufen, um sein Überleben zu sichern, bleibt ihm oft verwehrt, jene Gaben und Talente zu entfalten, die ihm von Gott geschenkt wurden. Die katholische Soziallehre betont jedoch, dass Arbeit Ausdruck der personalen Würde und Mitwirkung am Schöpfungswerk Gottes ist.Read More
„All dies spricht für die moralische Verpflichtung, den Fleiß als Tugend mit einer sozialen Ordnung zu verbinden, die es dem Menschen erlaubt, in der Arbeit »mehr Mensch zu werden«, statt sich ihretwegen zu erniedrigen und nicht nur seine Körperkräfte zu verbrauchen (was ja wenigstens zu einem gewissen Grad unvermeidlich ist), sondern sogar seine ureigene Würde und Personalität verletzt zu sehen.“ (Laborem exercens, Nr. 9).
Erst wenn Arbeit freiwillig, sinnerfüllt und auf das Gemeinwohl hin ausgerichtet ist – nicht dem Profit, sondern dem Nächsten dient –, kann sie zum Ort der Selbstverwirklichung und geistlichen Berufung werden. In einer solchen Ordnung wird Arbeit nicht mehr zur Last, sondern zur Gabe – und zum Lob Gottes durch menschliches Tun.
These 5: Es besteht die Möglichkeit des direkten Übergangs vom Bruttosozialprodukt zum Bruttosozialglück
Viele Menschen träumen davon, dass nicht mehr das Bruttonationalprodukt – also der Wert aller verkauften Waren und Dienstleistungen – über den Erfolg eines Landes entscheidet, sondern das Bruttonationalglück. Dieser Traum ist nicht nur ökonomisch, sondern auch geistlich bedeutsam. Denn schon in der Bergpredigt verheißt Jesus Glück nicht den Reichen, sondern den Sanftmütigen, den Barmherzigen, den Friedensstiftern (Mt 5,1–10).
Diesen Wandel könnten wir selbst einleiten, wir haben den Schlüssel dafür in der Hand.Read More
Denn im Kern funktioniert unsere Wirtschaft so: Wir arbeiten, bekommen Lohn, und von diesem Lohn kaufen wir Dinge, die andere hergestellt haben. Die Summe all dieser Käufe ergibt das Bruttonationalprodukt. Je mehr gekauft wird, desto „besser“ steht die Wirtschaft da – aber ist es auch besser für die Menschen?
Was wäre, wenn wir einander Arbeit und Produkte schenken würden?
Dann würde sich die Logik umdrehen: Nicht mehr Konsum und Umsatz zählen, sondern Freude, Dankbarkeit und freier Zugang für alle. Das wäre nicht nur eine wirtschaftliche Wende, sondern auch eine Rückkehr zum Geist des Evangeliums, das das Teilen höher bewertet als das Horten – „Gebt, so wird euch gegeben“ (Lk 6,38).
Aus dem Bruttonationalprodukt würde Bruttonationalglück. Und das Erstaunliche ist: Die Wirtschaft müsste sich dafür zunächst gar nicht ändern – nur ihr Herzschlag.
Klingt radikal? Vielleicht…
Aber eigentlich ist es ganz einfach: Wer schenkt, macht andere glücklich. Und sich selbst auch. Denn im Geben verwirklicht sich die christliche Berufung zum Leben in Gemeinschaft – ein Vorgeschmack auf das Reich Gottes mitten im Alltag.
Einfach Bruttonationalglück.
These 6: Die Erde schenkt, wir müssten nur annehmen
Alle Rohstoffe auf unserer Welt sind ursprünglich kostenlos.
Die Erde verlangt keine Bezahlung für Wasser, Holz, Metalle oder Energie. Sie gibt – bedingungslos.
Diese Großzügigkeit ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer göttlichen Ordnung: „Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner.“ (Ps 24,1).
Doch im heutigen System werden diese Gaben der Schöpfung zu Privateigentum erklärt. Wer Zugriff darauf hat, verlangt Geld dafür. Durch unsere bezahlte Arbeit bekommen die Dinge ihren Preis.Read More
So wird aus dem Geschenk Gottes ein Mittel zur Ausbeutung. Die Schöpfung wird zur Ware, der Mensch zum Konsumenten.
Doch was wäre, wenn wir freiwillig arbeiten würden – ohne Lohn, aus Freude am Geben?
Dann hätten die Produkte keinen finanziellen Wert mehr.
Ohne Preis. Ohne Rechnung. Sie wären einfach da – wie das Manna in der Wüste, das dem Volk Israel täglich geschenkt wurde, ohne dass es gehortet oder gehandelt werden durfte (Ex 16).
Wenn alles, was wir herstellen, frei zugänglich wäre, bräuchten wir auch keinen Lohn mehr. Denn warum Geld verdienen, wenn alles kostenlos ist?
Und noch etwas Entscheidendes passiert:
Ohne Preise gibt es keinen Profit mehr – und ohne Profit verliert das Finanzsystem, der Mammon seine Macht. Banken, Spekulation und Schulden hätten keinen Zugriff mehr auf das, was wir tun.
Was bleibt, ist eine Wirtschaft, die wirklich den Menschen dient – nicht dem Geld und dem Profit. Eine Ökonomie des Genug, eine Kultur des Schenkens.
Der Schlüssel dazu liegt in unseren Händen:
Wenn wir weltweit gleichzeitig auf freiwillige Arbeit umsteigen, befreien wir unsere Wirtschaft vom Zwang des Finanzsystems und damit des Mammons – und schaffen eine Welt, in der das Geben das neue Besitzen ist.
Das wäre eine Rückkehr zum göttlichen Ursprung: zur Schöpfung als Gabe und zum Menschen als Hüter, nicht als Herrscher über die Erde (Gen 2,15).
These 7: Die freiwillige Arbeit entzieht dem Mammon die Grundlage – ohne Gewalt
Alle Versuche, den Kapitalismus von innen heraus zu verändern, scheitern an seiner inneren Logik: Alles muss sich rechnen. Jede Maßnahme, auch noch so sozial oder ökologisch, wird danach bewertet, ob sie den Profit steigert oder mindert. Der Kapitalismus ist kein offenes System, sondern ein geschlossener Kreislauf des Mehrwerts – und duldet keine Maßstäbe außerhalb von Markt und Rendite.Read More
In der Enzyklika Quadragesimo Anno schrieb Papst Pius XI 1931: „Ihr alle, Ehrwürdige Brüder und geliebte Söhne, seid wohlvertraut mit jener bewunderungswürdigen Lehre, die der unvergängliche Ruhm des Rundschreibens Rerum novarum ist. Voll Schmerz, einen so großen Teil der Menschheit unter jammervollen, kläglichen Verhältnissen in unwürdiger Lage erblicken zu müssen, nachdem die wirtschaftliche Entwicklung „den Arbeiter in seiner Vereinzelung schutzlos der Unmenschlichkeit der Arbeitsherren und dem Eigennutz eines zügellosen Wettbewerbs ausgeliefert“ hatte, macht der oberste Hirte die Sache der Arbeiterschaft zu der seinen. Dabei entlehnt er Hilfe weder von Liberalismus noch vom Sozialismus, da ersterer zur Lösung der sozialen Frage sich völlig unfähig erwiesen hatte, letzterer aber ein Heilmittel anempfahl, das schlimmer als das zu heilende Übel selbst die menschliche Gesellschaft nur noch näher an den Abgrund herangeführt hätte.“
Über 130 Jahre sind seit Rerum Novarum von Papst Leo XIII vergangen aber an den Verhältnissen hat sich nichts geändert. Im Gegenteil. Der Ressourcenverbrauch und die Emission von Treibhausgasen steigen noch immer exponentiell, obwohl seit 50 Jahren namhafte Wissenschaftler vor der Zerstörung der Schöpfung Gottes und deren Auswirkungen auf die Zukunft der Menschheit warnen. Die Gefahr von weltumspannenden Kriegen ist größer als je zuvor.
In dieser Perspektive wird klar: Das System kann nicht von innen reformiert werden. Aber es kann verlassen werden – im Geist der Bergpredigt. Wer aufhört, für Geld zu arbeiten, wer freiwillig gibt, statt zu verkaufen, entzieht dem Geld und dem Mammon seine Grundlage. Nicht durch Kampf, sondern durch Verzicht. Nicht durch Enteignung, sondern durch Schenkung.
Denn wenn Güter ohne Preis verfügbar sind, verliert Geld seine Funktion. Und wo Geld nicht mehr gebraucht wird, hat auch das Finanzsystem – mit Schulden, Spekulation und Zins – keinen Zugriff mehr. Dann ist nicht mehr der Mammon Herr, sondern der Mensch, nach Gottes Vorbild. „Ihr könnt nicht beiden dienen – Gott und dem Mammon“ (Mt 6,24).
In der frühen Kirche geschah bereits ein solcher Schritt: „Alle, die gläubig geworden waren, hatten alles gemeinsam und verteilten an alle, je nachdem es einer nötig hatte“ (Apg 2,44). Das war keine Ideologie – das war gelebter Glaube, geboren aus dem Geist der Freiheit.
Auch heute ist ein solcher Schritt möglich. Nicht durch Revolution, sondern durch einen geistlichen Exodus: ein kollektives Verlassen des alten Systems – nicht aus Zorn, sondern aus Hoffnung. Wer freiwillig arbeitet, handelt wie der barmherzige Samariter: nicht, weil er muss, sondern weil er sieht, was gebraucht wird.
Die Voraussetzungen dafür sind heute da: Wissenschaft und Technik sind auf hohem Stand, wir leben in einer Überfluss- und Wegwerfgesellschaft, wir sind weltweit vernetzt und verfügen über künstliche Intelligenz.
So muss das System des Mammons nicht bekämpft, sondern es kann einfach überlistet werden. Es bleibt sich selbst überlassen – und versiegt, weil niemand mehr mitspielt. Der wahre Wandel beginnt nicht mit neuen Gesetzen, sondern mit neuen Herzen. Denn „wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit“ (2 Kor 3,17).
These 8: Der weltweite Tag des Gebens
Am Tag der weltweiten Umstellung auf freiwillige Arbeit muss alles wie gewohnt weiterlaufen – ruhig, geordnet, ohne sichtbare Unterbrechung, damit die gesellschaftliche Versorgung nicht gefährdet wird. Das ist möglich, weil sämtliche bestehenden Arbeits- und Lieferbeziehungen bestehen bleiben – lediglich ohne jegliche Zahlungsverpflichtung.Read More
Es wird keine Gewalt, kein Umbruch im äußeren Sinn geben – nur ein leiser, aber radikaler Perspektivwechsel: Wir arbeiten nicht mehr für Geld, sondern füreinander. Das System bleibt intakt, aber verliert seinen alten Geist. Was aus Pflicht geschah, geschieht nun aus freier Entscheidung – und damit im Sinne christlicher Freiheit.
Warum sollten wir da überhaupt mitmachen?
Weil der Alltag ohne diesen Wandel auf eine Katastrophe zusteuert – ökologische, soziale, seelische. Die Entscheidung ist nicht zwischen Wandel und Bequemlichkeit, sondern zwischen Leben und schleichendem Niedergang. In biblischer Sprache: „Ich habe euch Leben und Tod vorgelegt, Segen und Fluch. So wähle das Leben, damit du lebst.“ (Dtn 30,17)
Wer sollte sich da also weigern, mitzumachen?
Die Umstellung verlangt nichts Unmögliches. Ähnlich wie beim ersten Covid-19-Lockdown 2020 bleibt die Versorgung gesichert, die Produktionsketten stabil. Doch diesmal geschieht es nicht aus Angst, sondern aus Hoffnung. Kein Zwang, sondern ein globales Zeichen der Menschlichkeit: ein geistiger Sabbat – nicht des Stillstands, sondern der Erneuerung.
Wichtig ist nur, dass diese Umstellung weltweit gleichzeitig erfolgt, damit wirklich alle Rohstoffe, Halbzeuge und Hilfsmittel sowie die Waren zum selben Zeitpunkt ihren Tauschwert verlieren.
Der Moment dieser Umstellung wäre ein heiliger Augenblick – ein Kairos –, in dem die Menschheit gemeinsam ein neues Kapitel aufschlägt: aus freiem Willen, im Vertrauen aufeinander, im Geist des Gebens.
These 9: Die Menschheit kann sich selbst befreien – mit einem einzigen gemeinsamen Schritt im Geist der Gerechtigkeit
Die Kirche könnte eine zentrale Rolle bei der Organisation und spirituellen Begleitung dieses Übergangs spielen. Ein kirchliches Hochfest wie Ostern, Pfingsten oder Weihnachten wäre der perfekte Zeitpunkt, um diesen Tag zu begehen und ihm eine tiefe symbolische Bedeutung zu verleihen.Read More
Wir machen einfach weiter – nur ohne Bezahlung. Wie einst das Volk Israel aus der Knechtschaft Ägyptens auszog, so können auch wir die unsichtbaren Fesseln des Geldsystems ablegen. Es ist ein Exodus aus einer Welt des Profits in eine Welt des Teilens.
Wenn Milliarden Menschen gleichzeitig beschließen, ohne Lohn weiterzuarbeiten, verliert das Geld seine Macht. Der Tauschwert der Dinge löst sich auf. Güter werden wieder zu dem, was sie ursprünglich waren: Geschenke Gottes – Gaben der Erde, bestimmt zum Wohl aller.
Preise, Löhne, Profite? Überflüssig.
Denn „umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben“ (Mt 10,8).
Mit dem Profit verschwindet auch der Zwang, immer mehr zu konsumieren. Stattdessen beginnt eine neue Kultur: des Gebens, Teilens und Mitfühlens – eine Lebensweise, die Jesus selbst vorgelebt hat. In seinem Reich zählen nicht Reichtum und Besitz, sondern Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Frieden.
Diese Befreiung geschieht nicht durch Gewalt, sondern durch Vertrauen. Nicht mit Fäusten und Parolen, sondern mit Herz und Verstand. Sie ist keine Revolution, sondern eine Verwandlung – eine Metanoia –, wie sie im Evangelium beschrieben ist: ein Umdenken, das zu einem neuen Leben führt.
Der Mammon, das Finanzsystem, wird nicht im Kampf besiegt–
es verdunstet im Schenken.
Alles, was es dafür braucht, ist ein weltweit gemeinsamer Moment.
Ein Tag, an dem wir sagen:
Jetzt reicht’s.
Jetzt reicht es – für alle.
Ein Tag, der zur Stunde der Menschwerdung wird – im besten Sinn:
Solidarisch, gerecht, frei.
These 10: Künstliche Intelligenz wird den Markt ersetzen
In einer geldfreien Gesellschaft ersetzt die künstliche Intelligenz (KI) den Markt als Steuerungsmechanismus. Entnahmen und Bedarfe werden digital erfasst, just-in-time koordiniert und durch intelligente Systeme an Produktionsstätten, Lager, Ausgabestellen oder an die Zivilgesellschaft weitergegeben. Statt am Profit orientiert sich die Produktion am tatsächlichen Bedarf.Read More
Verträge bleiben zunächst bestehen, werden aber schrittweise durch kooperative Vereinbarungen ersetzt. KI ermöglicht Transparenz, Effizienz und demokratische Mitbestimmung.
Auf Grund des nachlassenden Rohstoffbedarfs ist eine Allokation über einen Markt nicht mehr erforderlich.
These 11: Die Befreiung vom Mammon wird auch das Eigentum verändern
Im Kapitalismus dient Eigentum primär der Profiterzeugung. Wird Profit unmöglich – durch Abschaffung des Finanzsystems und des Geldes – verliert Eigentum seine Funktion und löst sich auf.
Schon in der Bibel wird Eigentum nicht als unantastbares Gut behandelt, sondern stets im Zusammenhang mit Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft. „Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt“ (Ps 24,1) – aus dieser Perspektive ist alles Besitz letztlich geliehen, nie absolut.Read More
Eine sozialistische Vergesellschaftung reicht nicht aus, weil sie Besitz nur anders verwaltet. Eigentum verschwindet nicht durch Enteignung, sondern durch Zwecklosigkeit – wenn niemand mehr Profit aus Dingen schlagen kann, die allen gehören sollten.
In der Urgemeinde in Jerusalem lebten die Gläubigen genau so: „Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam“ (Apg 4,32). Nicht aus Zwang, sondern aus gelebter Liebe, aus freier Entscheidung im Geist des Teilens.
Nur durch die vollständige Überwindung des Finanzsystems, des Mammons, kann die Trennung von Besitzenden und Besitzlosen friedlich aufgehoben werden. Nicht durch Neid, sondern durch überflüssig gewordene Schranken.
Das Ziel ist nicht kollektives Eigentum – sondern kein Eigentum mehr im kapitalistischen Sinne. Was bleibt, ist Allmende: gemeinschaftlich genutzte Güter, verwaltet von jenen, die sie brauchen – im Geist von Gerechtigkeit, Achtsamkeit und Fürsorge.
Selbst Jesus sagt: „Sammelt euch keine Schätze auf der Erde“ (Mt 6,19), denn Besitz kann trennen – und verführt zur Hortung. Wo aber alles gemeinsam geteilt wird, entsteht Raum für echte Nähe und Befreiung.
Die Privatsphäre wird nicht bedroht, sondern neu geachtet: Wo kein ökonomisches Interesse mehr hinter Boden und Wohnraum steht, kann das persönliche Leben freier, selbstbestimmter und zugleich geborgener gestaltet werden – in einem Geist, der weder ausgrenzt noch beansprucht, sondern dem Nächsten dient.
These 12: Arbeit wird Ausdruck menschlicher Freiheit
In der gemeinwohlorientierten Gesellschaft ohne Geld und Profit entfällt der Arbeitszwang. Arbeit wird freiwillig, kreativ und sinnstiftend – nicht mehr Mittel zum Überleben, sondern Ausdruck menschlicher Freiheit. Dies entspricht dem ursprünglichen Sinn der Arbeit im biblischen Schöpfungsbericht: Der Mensch wird nicht zur Mühsal geschaffen, sondern dazu, den Garten zu bebauen und zu bewahren (vgl. Gen 2,15) – in Beziehung zur Schöpfung, nicht im Kampf gegen sie.Read More
Wenn Arbeit freiwillig ist, könnte sie ihre Bedeutung vollkommen verändern – sie wird Ausdruck von Kreativität und Beitrag zur Gemeinschaft. Wenn niemand mehr aus Zwang arbeiten muss, dann wird auch der Wert der Arbeit ganz anders geschätzt. Die Menschen würden nicht aufhören zu arbeiten sondern die Motivation kommt dann aus der Freude an der Tätigkeit selbst.
Jesus selbst lehrte, dass der Mensch nicht für den Sabbat, sondern der Sabbat für den Menschen gemacht ist (Mk 2,27) – also nicht zur Unterwerfung, sondern zur Befreiung von Zwängen. Auch die Arbeit gehört in diesen Rhythmus von Ruhe und Tätigkeit, von Hingabe und Loslassen.
Jesus Christus riet den Menschen, dass sie ihr Talent mehren und nicht vergraben sollen (Mt 25,14–30)
Unterstützt wird dies durch die Schaffung von Überfluss – im Geiste biblischer Fülle, nicht des Konsumrausches. Wenn wir Dinge länger nutzen, statt sie zu verschwenden, und wenn Wissenschaft und Technik solidarisch eingesetzt werden, wächst die Freiheit für alle. Roboter oder solidarische Rotation übernehmen belastende Arbeiten – wie es dem biblischen Prinzip entspricht, dass kein Mensch geknechtet werden soll.
Ganze Autofabriken könnten auf die Produktion von Automaten und Robotern umgestellt werden, die Voraussetzungen dafür sind dort vorhanden.
Globale Ausbeutung wird überflüssig – weil niemand mehr gezwungen ist, seine Arbeitskraft unter Preis zu verkaufen. Die biblische Vision der Gerechtigkeit erfüllt sich hier: „Niemand soll mehr für einen anderen Fronarbeit leisten“ (vgl. Ex 1,14).
So wird Arbeit nicht abgeschafft – sie wird befreit.
These 13: Sozialsysteme werden nicht mehr benötigt – weil Gerechtigkeit zur Lebensordnung wird
In einer Gesellschaft, in der alle Menschen uneingeschränkten Zugang zu allem Lebensnotwendigen haben, wird die Notwendigkeit für Sozialsysteme wie Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung sowie die Verteilung über Steuern überflüssig. Was heute durch staatliche Institutionen mühsam aufgefangen werden muss, wird dann zur natürlichen Grundlage des gemeinsamen Lebens – getragen von einer Kultur des Miteinanders und der Verantwortung füreinander.Read More
Auch Jesu Botschaft vom Reich Gottes richtet sich gegen jegliche Ausgrenzung und stellt die Fürsorge für Arme, Kranke und Schwache in den Mittelpunkt. Wo das tägliche Brot allen gegeben wird (vgl. Mt 6,11), verliert die Angst vor Mangel ihre Macht.
Statt bürokratischer Absicherung entstehen neue Formen der kollektiven Verantwortung und Selbstorganisation, die auf den Prinzipien der Solidarität und der freiwilligen Arbeit beruhen. Dies entspricht der biblischen Vorstellung von Diakonie – einem Dienst am Nächsten, der nicht durch Zwang oder Pflicht, sondern aus Liebe und Mitgefühl geschieht (vgl. Gal 5,13).
Die freiwillige Arbeit und die daraus folgende kostenlose Verfügbarkeit der Waren und Dienstleistungen gewährleistet, dass jeder Mensch – vom Kind bis zum Hochbetagten – bedingungslosen Zugang zu allem hat, was für ein zufriedenes und würdevolles Leben nötig ist.
So wird die Gnade – die im christlichen Glauben als unverdiente Gabe Gottes gilt – zum gesellschaftlichen Prinzip. Nicht mehr Bedürftigkeit, Antrag und Kontrolle bestimmen den Zugang zu Versorgung, sondern die Erkenntnis: Wir sind als Menschen füreinander verantwortlich – weil Gott uns zuerst geliebt hat (vgl. 1 Joh 4,19).
These 14: Fortschritt geschieht durch Freude, nicht durch Zwang – eine Wirtschaft des Geistes statt des Wettbewerbs
Wettbewerb ist ein Produkt kapitalistischer Zwänge und nicht naturgegeben. Viele behaupten, dass nur Konkurrenz den Fortschritt vorantreiben könne. Doch echter Fortschritt entsteht aus der Entfaltung menschlicher Fähigkeiten und kooperativer Zusammenarbeit – aus Freude, Berufung und dem Wunsch, zum Wohl aller beizutragen.Read More
In einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft wird Innovation nicht durch Konkurrenz, sondern durch Sinn, Gemeinschaft und intrinsische Motivation gefördert. Open-Source-Projekte, Genossenschaften und freiwillige Forschung zeigen, dass Entwicklung auch ohne Rivalität möglich ist.
Wettbewerb erzeugt kurzfristigen Druck, aber langfristig soziale und ökologische Schäden. Kooperation dagegen ermöglicht nachhaltigen, solidarischen Fortschritt – besonders in einer vom Finanzsystem befreiten Wirtschaft, in der die Gaben aller frei fließen können.
So kann eine Wirtschaft entstehen, die dem Leben dient – durch Freude, nicht durch Zwang. Eine Wirtschaft, die Gottes Liebe in konkrete gesellschaftliche Strukturen übersetzt.
These 15: Die Schenkwirtschaft spiegelt die Logik der Dreifaltigkeit wider
Die freiwillige, geldfreie Zusammenarbeit in einer Schenkwirtschaft ist mehr als ein ökonomisches Modell – sie folgt einer tieferen geistlichen Logik: der göttlichen Bewegung reinen Gebens, wie sie in der Dreifaltigkeit sichtbar wird.
In der christlichen Trinitätslehre gibt sich der Vater dem Sohn, der Sohn dem Vater, und aus diesem gegenseitigen Sich-Schenken geht der Heilige Geist hervor – ein ewiger Kreislauf reiner Hingabe, frei von Berechnung und Gegentausch.
Auch in der freiwilligen Arbeit geschieht genau das: Wer gibt, empfängt selbst Sinn, Beziehung und Lebensfülle – nicht als Gegenleistung, sondern als Frucht des Gebens. Dort, wo nicht getauscht, sondern geschenkt wird, wo Arbeit nicht verkauft, sondern miteinander geteilt wird, spiegelt sich das göttliche Beziehungsgeschehen im menschlichen Alltag.
Eine solche Gesellschaft des Schenkens lebt aus Vertrauen und Freude, nicht aus Kontrolle. Aus Freiheit, nicht aus Zwang. Und aus Liebe zum Leben, nicht aus Angst vor Mangel.
So wird das Reich Gottes, wie es Jesus verkündete, nicht nur geglaubt, sondern konkret erfahrbar – in einer Welt, in der niemand mehr besitzt, weil alle sich gegenseitig alles schenken.
Berlin, den 12.05.2025
Eberhard Licht
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